Ich war nie ein Arzt-Geher. Wenn ich krank wurde, musste es schon eine sehr neue, exotische, mir noch unbekannte Krankheit sein, damit ich mich zusammenpackte und zu unserem Hausarzt des Vertrauens fuhr. Ich mochte die Wartezeit nicht, noch das Gefühl, im Wartezimmer von herumnießenden und hustenden Individuen umgeben zu sein.

Nun ist das System in Österreich ziemlich simple. Es gibt Ärzte, die eine Terminvereinbarung schätzen. Allerdings gibt es auch Ärzte, die jeden Patienten aufnehmen - zeitlich davon abhängig, wann der Patient das Wartezimmer betreten hat.

"Bezahlt" wird mit der europäischen Krankenversicherungskarte (e-card), wodurch die Krankenkasse jegliche Kosten des Arztbesuches übernimmt. Somit gibt es Menschen (größtenteils unsere pensionierten Mitbürger), die sich daraus ein Hobby gemacht haben, jede Woche ihren Lieblingsarzt zu besuchen. Die Krankenkasse zahlt.

In Frankreich ist dieses System anders. Natürlich hat hier die europäische Krankenversicherungskarte keine Gültigkeit. Die Franzosen akzeptieren ausschließlich die "Carte Vitale". Wenn man als "Nicht-Franzose" diese Karte besitzt, hat man es wirklich geschafft. Denn die Beschaffung ist alles andere als unkompliziert. Als ich vor einigen Monaten meine Arbeit anfing und somit auch die Sozialversicherung durch meinen Lohn zahlte und somit auch annahm, dass ich in Frankreich versichert war, konnte ich nicht ahnen, dass ich noch weitere 4 Monate warten müsse, bis ich meine ersten drei Gehaltsbeläge erhielt und zusammen mit gefühlten 10 anderen Dokumenten und nach endlos-Telefonaten an die Krankenversicherung schicken konnte. Natürlich dauert die Bearbeiten 4 bis 6 Wochen (wenn die Damen am Telefon alle 10 Dokumente genannt hat und das 11. nicht vergessen hat). Also darf man damit rechnen, dass man nach diesen 4 bis 6 Wochen einen Brief erhält, mit der Aufforderung dieses 11. Dokument nachzureichen.

Soweit so gut. Leider gibt es Fälle, in denen sogar ich das Bedürfnis verspüre, dringend zum Arzt gehen zu müssen (wenn z.B. ein Hautausschlag immer schlimmer wird und der Juckreiz kaum mehr zu lindern ist). Weil es ja um die Gesundheit geht, möchte man keine Sprachbarrieren haben und dank des Internets kann man sich natürlich virtuell auf die Suche nach deutschen Ärzten begeben. Schnell wird man auch fündig und beschließt, diese 45 min entfernte unter anderem deutsch sprechende Hautärztin zu kontaktieren und einen Termin zu vereinbaren. Die Sekretärin sprach natürlich weder deutsch noch englisch, allerdings reichten meine französisch Kenntnisse für diese Kommunikation und ich bekam sogar am darauffolgenden Tag einen Termin.

Nach viel Hektik und "Schaffe ich es pünktlich zum Termin wenn die Metro wieder einmal wegen Überfüllung gesperrt ist", erreiche ich den Arzt sogar ohne Verspätung. Nach einer angemessenen Wartezeit war ich nun an der Reihe.

"Bonjour, parlez-vous allemand?"

Natürlich war die Antwort auf französisch: "Nein. Aber Sie sprechen doch französisch."

"Nur ein bisschen. Ich hätte gedacht, dass Sie deutsch sprechen, denn..."

"Nein, ich spreche nur ein paar Wörter. Also, was kann ich für Sie tun."

Somit blieb mir natürlich nichts anderes übrig, als meine Beschwerden, Symptome und mögliche Ursachen in französisch zu beschreiben. Das Resultat war ein Rezept mit zwei Cremen und eine Tablette. Arztkosten: 28 Euro.

Mein Fazit: Für diese "deutsche" Arztbetreuung hätte ich nicht 45 min reisen müssen, sondern auch zum französischen Arzt um die Ecke gehen können. 28 Euro waren laut meiner Kollegen ziemlich günstig für einen Hautarzt. Auch Franzosen müssen diese Gebühr zahlen, wohingegen sie 60 - 70 % durch die Carte Vitale zurückbekommen.

Neue Erkenntnis: Ich werde in Zukunft ohne schlechtes Gewissen sämtliche Sprachen in meinem Lebenslauf angeben, in denen ich 3, 4 Wörter sagen kann.

Wenn die Franzosen das dürfen, darf ich das auch.

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